„Die Aussprache“ ist in den Kategorien „Bester Film“ und „Bestes adaptiertes Drehbuch benannt worden
„Die Aussprache“, ein Film nach dem Buch der kanadisch-mennonitischen Schriftstellerin Miriam Toews, ist für den Oscar 2023 nominiert worden. Der Streifen figuriert sogar in der Königskategorie „Bester Film“. Dort muss der Film sich aber gegen Hochkaräter wie „Avatar 2“, „Die Fabelmans“, „Elvis“ und andere behaupten. Deshalb sehen Experten kaum realistische Chancen, dass „Die Aussprache“ in dieser Sparte die goldene Statue gewinnt.
Welches die Oscar-Chancen sind
Anders sieht es in der Kategorie „Bestes adaptiertes Drehbuch“ (Drehbuch aus einem Roman oder einer anderen literarischen Vorlage) aus. Hier muss „Die Aussprache“ zwar auch gegen hoch gehandelte Werke wie „Im Westen nichts Neues“ oder „Top Gun: Maverick“ antreten, aber die Art und Weise, wie hier ein Roman in eine schriftliche Vorlage für einen Film umgesetzt wurde, ist preiswürdig.
Die Handlung des Films
Die Handlung des Films: Eine Gruppe mennonitischer Frauen trifft sich auf einem Heuboden. Sie sind Opfer von sexuellen Übergriffen durch Männer aus ihrem Dorf geworden. Sie setzen sich mit den schrecklichen Taten auseinander.
Und sie diskutieren über drei Möglichkeiten: Nichts zu tun, in der „Kolonie“ zu bleiben und gegen das Verbrechen anzukämpfen oder die Kolonie zu verlassen. (Foto: Universal
Der wahre Hintergrund
Die fiktive Story passt perfekt in die Me-Too-Debatte. Nicht fiktional ist allerdings der Hintergrund: Mennonitische Männer vergewaltigten 2009 in ihrem Dorf Manitoba in Bolivien zahlreiche Frauen und wurden zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Um jede Gegenwehr auszuschalten, hatten sie ein Betäubungsspray benutzt, dass sonst in der Veterinärmedizin zum Einsatz kommt. Deshalb konnten sich die Frauen am nächsten Tag auch nicht an die Schändung erinnern. Nicht dass es für die Männer eine Lehre war: Bolivianische Medien berichteten jüngst von neuerlichen Vergewaltigungen.
Je konservativer desto übergriffiger
Nicht nur wir wissen, dass es solche und andere Mennoniten gibt. In der Frankfurter Rundschau konnte man 2009 nachlesen: „So kommt es, dass etwa die Mennoniten in Paraguay weltoffene Unternehmer sind, während sich die meisten ihrer bolivianischen Glaubensbrüder in einer düster-frommen Parallelwelt eingerichtet haben, die von Tabu und Strafe regiert wird.“ Zu hoffen ist, dass aufgeklärte Mennoniten auf ihre Glaubensgenossen einwirken und ihnen die Schändlichkeit ihrer Tat vor Augen halten. Fakt ist, was eine mennonitische Psychotherapeutin behauptet: „Je konservativer die Mennoniten-Gemeinschaft, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu sexuellem Missbrauch innerhalb der Familie kommt“. Was an der Geringschätzung von Frauen liegt.
Wer ist Miriam Töws?
Miriam Töws gehört zu den bekanntesten Autorinnen Kanadas. In ihren Büchern rechnet sich mit der mennonitischen Gesellschaft ab wie in „Ein komplizierter Akt der Liebe“, „Kleiner Vogel, klopfendes Herz“ oder „Das gläserne Klavier“.
Berühmte Schauspielerin
Die Aussprache ist der vierte Langfilm der kanadischen Schauspielerin und Regisseurin Sarah Polley, die auch das Drehbuch verfasste. Eine der Hauptrollen übernahm Frances Dormand, die schon Oscars für „Fargo“, „Nomadland“ und „Three Billboards outside Ebbing“ einheimsen konnte. Sie ist auch Produzentin des Films. Pitt trat später bei „Die Aussprache“ als Executive Producer in Erscheinung. Das Buch „Die Aussprache“ von Miriam Töws wurde von der Washington Post und der New York Book Review als Buch des Jahres geehrt. Kinostart ist am 9. Februar.
Horst Martens