Noch mehr Details über die tödliche Schießerei in Bonfil
Über den Tod einer mennonitischen Familie, die in Campeche, Mexiko, ins Kreuzfeuer zwischen Verbrechern und Polizisten geriet, hat Menno-Welt auf seiner Facebook-Seite berichtet. Ich veröffentliche jetzt dazu einen Artikel von Kennert Giesbrecht, Chefredakteur der Mennonitischen Post, der mit Aufsehen erregenden neuen Details aufwartet.
Kennert Giesbrecht, Mennonitische Post
Mehr traurige Umstände zum Tod der drei Mennoniten von Valle Nuevo, Campeche: Drei mennonitische Einwohner verloren am 11. Januar ihr Leben, als sie in eine Schießerei zwischen Banditen und der Polizei gerieten. Schockierende Wahrheiten kommen jetzt an die Öffentlichkeit. Siehe auch Artikel: Der „Narco-Menonita“ – Chef des Pazifik-Kartells? (menno-welt.net)
Valle Nuevo, Campeche (Mexiko) – Als wir die vorige Ausgabe der Mennonitischen Post veröffentlichten, waren die Umstände zur Schießerei in Alfredo V. Bonfil, einem 14.000-Einwohner Städtchen nahe Cancún, noch sehr unklar. Fest stand, dass drei Personen aus der Kolonie Valle Nuevo ums Leben kamen und eine Person schwer verletzt wurde. Mittlerweile kommen in den Medien immer mehr Details ans Licht. Auch Berichte der Überlebenden sind mittlerweile bekannt. Fest steht jetzt, dass alle drei Getötete durch Kugeln der Polizei ums Leben kamen. Hört man die Geschehnisse, dann kann man nur empört sein.
Drohne verfolgte flüchtende Mennoniten
In der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen der Polizei und den Verbrechern in Alfredo V. Bonfil verfolgte die Polizei vier Mennoniten mit einer Drohne, weil sie wohl dachte, dass sie zur Verbrecherbande gehörten. Zu dem Zeitpunkt war es schon ganz finster. Diese vier hatten sich etwa 500 m von der Ortschaft im Wald versteckt. In ihrer Angst, dass die Verbrecher sie verfolgten, knieten sie sich nieder und beteten.
Polizei schießt ohne Vorwarnung auf Unschuldige
Wie der Sohn von Jacob Friesen, der einzige Überlebende in der Gruppe, aus seinem Krankenbett berichtet, haben sie die Drohne gesehen. Sie schwebte kurze Zeit über ihnen – ganz tief fliegend. Mit einem Lichtstrahl leuchtete die Drohne auf die vier Versteckten. Bald darauf kam dann die Spezialeinheit der Polizei, und ohne Vorwarnung fing sie dann an, auf die Mennoniten zu schießen. Dabei trafen und töteten sie drei unschuldige Menschen: Heinrich V. Friesen (Vater, 57 Jahre), Heinrich F. Friesen (Sohn, 29 Jahre), und dessen Frau Margaretha Friesen (ebenfalls 29 Jahre). Warum die Beamten ohne Vorwarnung schossen, ist eine Frage, welche die Polizei jetzt beantworten muss. Schwerverletzt überlebte Jacob (beinah 14 Jahre alt), der Sohn von Jacob Friesen. Als die Polizei merkte, dass er noch nicht tot war, trat ihm ein Polizist mit dem Fuß auf den Kopf und fesselte dann die Hände. Erst jetzt stellten sie fest, dass hier ganz unbeteiligte Menschen erschossen wurden.
Jacob Friesen wagte nicht, einen Finger zu bewegen
Jacob Friesen, der Vater des Schwerverletzten Jacob erzählt, dass er stundenlang in Angst im tiefen Gras neben dem Weg im Versteck gelegen hat. Er hat nicht einmal gewagt, einen Finger zu bewegen, weil er nie wusste, wer die Menschen waren, die ständig auf dem Weg hin und her gingen. Er hat die Drohne gehört und dann auch gemerkt, wie die Polizisten an ihm vorbeiliefen. Gleich darauf hörte er, wie geschossen wurde. Das ist wohl der Moment gewesen, wo die Polizei die Versteckten aufs Ziel genommen hat. Nicht weit ab von diesen vier hat die Polizei auch einen der Verbrecher, der schon verletzt war, festgenommen, nachdem dieser die Drohne abgeschossen hatte.
Fatales Missverständnis
Eine Person von Valle Nuevo beschrieb die Vorfälle auf diese Weise: „Als die Mennoniten mit dem Van in Bonfil anhielten, wurde dort geschossen. Ein paar waren schon ausgestiegen, als zwei Verbrecher zu ihrem Fahrzeug gelaufen kamen. Von dort schossen sie dann auf die Polizisten. Mehrere Mennoniten versuchten zu entkommen, indem sie Richtung Wald liefen, ein paar andere liefen in die andere Richtung. Dieses hat die Polizei wohl auch gesehen, aber nicht gewusst, ob es die Verbrecher waren oder sonst jemand. Als die Verbrecher dann mit dem Fahrzeug der Mennoniten entkamen, hat man wohl auch gedacht, dass es nur die Besitzer des Fahrzeugs selbst waren, und nicht die Verbrecher. Daraufhin machten die Polizeikräfte sich dann auf die Suche nach den Ganoven. Man ist also der Meinung gewesen, dass all die Versteckten dort im Wald wohl zur Bande gehören.“
Beerdigung mit großer Beteiligung
Was danach geschah, kann man nicht anders als traurig und tragisch beschreiben. Zurück blieb eine Witwe, mehrere Kinder verloren ihren Vater, und ein siebenjähriger Junge bleibt als Vollwaise zurück, der Sohn von Heinrich & Margaretha Friesen. Gegenwärtig wohnt der kleine Junge bei seiner Oma. Das Begräbnis für die drei Verstorbenen fand am 16. Januar unter großer Beteiligung in der Kolonie Valle Nuevo statt. Hunderte Trauergäste waren auch aus anderen Kolonien angereist.
Junge im Krankenhaus erholt sich langsam
Geschätzt wird, dass etwa Hundert Personen aus der Mutterkolonie El Sabinal die 2.000 km zum Begräbnis nach Valle Nuevo gereist waren. Die drei Personen wurden alle zusammen in ein Grab aber in getrennte Särge gelegt. Das Begräbnis fand auf den Hof von Johan L. Neudorf statt, begraben wurden die Personen jedoch auf dem Friedhof der Altkolonier Gemeinde. Jacob Friesens Sohn, der bei der Schießerei auch schwerverletzt und operiert werden musste, konnte nicht am Begräbnis teilnehmen. Er wird wohl mindestens ein paar Wochen interniert sein, sagen Informierte aus der Kolonie. Sein Zustand war eine Woche nach der Schießerei aber schon viel stabiler.
Quelle: Mennonitische Post vom3. Februar