Orlando Braun (l.) am Set von Los Angeles beim Dreh von "Lost in Regina". ©Orlando Braun.

Der Kanadier stammt aus Loma Plata und hat Lust auf plautdietsche Kultur

Orlando Braun ist ein kanadischer Filmproduzent. Obwohl er jung ist, hat er bereits einige Preise gewonnen. Braun beschäftigt sich auch mit mennonitischer Kultur. Vor Kurzem lief in Kanada die Serie „Maria and the Mennos“, bei der er Hauptproduzent war. Sehr bekannt ist in Kanada auch Brauns Kurzfilm „That Mennonite Joke“ über mennonitischen Humor.

Ich habe Orlando per E-Mail interviewt.

Orlando (l.) am Set von „Immigrant Kitchen“, eines seiner jüngsten Vorhaben. ©Orlando Braun.

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menno-welt: Du bist in einer Mennonitenkolonie im Chaco von Paraguay geboren und hast dort deine ersten Jahre verbracht. Kannst du dich noch an deine Heimatstadt Loma Plata erinnern? Woran genau?

„Ich erinnere mich an die Hitze und an die Obstbäume in Omas Garten.“

Orlando Braun: Doch, ich erinnere ich mich noch an Loma Plata. Ich war erst fünf Jahre, alt als wir den Chaco verließen, aber ich bin auch ein halbes Dutzend Mal zurück gekommen zu Besuch.  Ich erinnere mich an die Hitze, die Obstbäume in Oma und Opas Garten, und dass die Erde eine andere Farbe hat als in Kanada.

menno-welt: Wie hast du deine ersten Jahre in Kanada verbracht? Was war dir wichtig?

Braun: Wir sind im Sommer in Winnipeg angekommen, und ich wurde gleich eingeschult. Ich kannte kein Wort Englisch, aber zum Glück besuchte ich eine zweisprachige Schule, wo die Hälfte meines Unterrichts auf Deutsch war. Da konnte ich auch das Deutsche behalten und täglich benutzen bis zur 12. Klasse.  Dann kam der Winter. Und der Schnee. Ich kann mich noch erinnern, wie wunderschön es aussah und wieviel Spaß es machte, sich im eiskalten Schnee zu wälzen und zu spielen.

menno-welt: Sprichst du selbst auch Plattdeutsch? Und in welchem Umfeld hast du das gelernt?

Braun: Ja, ich spreche noch Plattdeutsch, weil meine Eltern mit mir auf Plattdeutsch gesprochen haben. Ich finde die Sprache interessant und sehr humorvoll.

menno-welt: Was hat dich motiviert, Film zu studieren? Gibt es auch Filme, die dich inspiriert haben?

Braun: Während meiner Ausbildung wusste ich nicht, dass man einen Beruf erlernen kann, in dem man Filme macht. Ich kannte niemanden der beim Film oder Fernsehen arbeitete – wenn man das nicht sehen kann, kann man es sich auch nicht vorstellen.

„Als Kind nahm ich die Videokamera meines Vaters und machte kleine Filme mit meinen Freunden.“

Aber als Kind nahm ich die Videokamera meines Vaters und machte kleine Filme mit meinen Freunden. Nur so zum Spaß. Ich studierte an einer Uni, als ich zum ersten Mal Leute traf, die in ihrem Beruf Filme machten.

Orlando bei einem True-Crime-Set. Ein paar Jahre hat im TV fürs „Wahre-Verbrechen-Genre“ gearbeitet.

Ich habe immer Spionagethriller, Detektivgeschichten und Komödien geliebt. Komödien habe ich schon gemacht. Drei Jahre lang habe ich True-Crime-Fernsehen (über echte Kriminalfälle) produziert, jetzt überlege ich, wo ich meinen ersten Spionagefilm realisieren kann. [Ich habe auch ein Spionagebuch gefunden, das ich gerne adaptieren würde.]

menno-welt: Kannst du unseren Lesern erklären, welches die Aufgaben eines Filmproduzenten sind?

Braun: Als Produzent ist man für den gesamten Film, für das ganze Fernsehprojekt verantwortlich – von der Vorbereitung bis zur Fertigstellung. Was mir daran gefällt, ist die Mischung aus geschäftlichen und künstlerischen Fähigkeiten.

menno-welt: Du hast an Kino- und TV-Dokumentationen gearbeitet, die mit Preisen ausgezeichnet wurden, und mit Branchenprofis in New York und Los Angeles. Welche Erfahrungen hast du gemacht?

Braun: Es ist interessant, wie oft man berühmte Leute trifft, wenn man in NY oder LA wohnt und arbeitet. In New York arbeitete ich für die Firma Tribeca von Robert De Niro. Sie veranstalten auch ein großes Filmfest, bei dem man viel lernt, wie erfolgreiche Filmemacher arbeiten und wie die Filmbranche funktioniert.

„Zu oft wurden Mennoniten in Filmen oder im Fernsehen stereotyp dargestellt. Ich wollte einfach authentische Geschichten von meiner Warte aus erzählen.“

menno-welt: Warum hast du Filme über die mennonitische Kultur produziert?
Braun: Zu oft wurden Mennoniten in Filmen oder im Fernsehen stereotyp dargestellt. Und wenn Dokumentationen oder Filme über Mennoniten gemacht wurden, dann waren die Mennoniten immer ernst und nie lustig. Ich wollte einfach authentische Geschichten von meiner Warte aus erzählen.

menno-welt: Wie war die Resonanz auf den Film „That Mennonite Joke“? Was sagen die Mennoniten, was sagen die anderen dazu?
Braun: Es freut mich, dass die Resonanz auf „That Mennonite Joke“ so super war! Man konnte diesen kleinen Film für eine kurze Zeit in einem Kino in Steinbach [Manitoba] sehen. Draußen vor dem Kino bildete sich in der Kälte – es war Februar – eine Schlange von Leuten.

Zum Film „That Mennonite Joke“: „Die Mennoniten lachten gerne, weil sie wussten, dass dieser Film kein Witz gegen ihre Kultur war. Der Film zeigt, dass wir wirklich lustig sein können.“

Die Mennoniten lachten gerne, weil sie wussten, dass dieser Film kein Witz gegen ihre Kultur war. Der Film zeigt, dass wir wirklich lustig sein können. Beim Winnipeg Real to Reel Film Festival haben wir in der Kategorie „Best Short Documentary“ („beste Kurz-Doku“) gewonnen und sogar an anderen Filmfesten teilgenommen. In Abbotsford, BC, spielte der Film in einer Konzerthalle vor einem ausverkauften Publikum.

Auch Nicht-Mennoniten gefiel der Film – wenn sie eine Vorstellung davon hatten, was Mennoniten sind. Aber „That Mennonite Joke“ wurde dann in ganz Kanada gezeigt, von Abbotsford bis Halifax.

Am Drehort für „Maria and the Mennos“ hatte Orlando auch immer seinen Mate dabei. © Orlando Braun.

menno-welt: Wo wurde die Serie „Maria and the Mennos“ aufgenommen?
Braun: Die Serie „Maria and the Mennos“ kam aus den Köpfen von Paul Plett, Tina Fehr-Kehler und Hazel Wallace. Beide Kulturen in dieser Serie – Mennoniten und Filipinos – wurden selten im Fernsehen authentisch dargestellt, auch wenn von beiden Kulturen so viele Menschen in Kanada leben – besonders in Manitoba. Also hatten wir die Gelegenheit, etwas Neues zu versuchen, und der glaubensbasierte Fernsehsender YESTV gab uns diese Gelegenheit.

menno-welt: Du hast mit Prairie Boy eine eigene Produktionsfirma gegründet. Wie läuft die?
Braun: Prairie Boy ist eine Boutique-Produktionsfirma*, in der ich Projekte annehme, die ich interessant oder wichtig finde. Und ich nehme mir genug Zeit, diese Projekte voranzutreiben. Der Filmhandel in Manitoba ist noch relativ klein [gegen andere Zentrum wie Toronto, oder Los Angeles], und dadurch arbeite ich auch mit vielen anderen Firmem an Filmen und Serien.

menno-welt: Danke für dieses Gespräch.

*Eine Boutique-Filmfirma spezialisiert sich auf intelligente, kommerzielle europäische und internationale Fernsehproduktionen.

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Alles zu Orlando Braun

24 Produktionen

Zu den von Orlando produzierten Filmen gehören Spielfilme, Musicals, Doku-Dramen und Dokumentarfilme, die auf mehreren Festivals gezeigt und auch Preise gewonnen haben.

Foto: Orlando hält die Trophäe hoch, die er für „That Mennonite Joke“ erhalten hat. ©Orlando Braun

Die Filmdatenbank IMDb.com listet unter Orlando Braun 24 Produktionen auf, neben seiner Rolle als Produktionsleiter führte er auch zweimal Regie. Darüber hinaus hat er in mehreren Produktionen spezielle Aufgaben übernommen, zum Beispiel im Casting. Die bekanntesten Produktionen mit Orlando Brauns Beteiligung sind:

That Mennonite Joke, Kurzfilm, Regie, 2016. – Eine Dokumentation über mennonitischen Humor. Der Komiker Matt Falk taucht in seine mennonitische Vergangenheit ein und entdeckt, dass sein Erbe auch Komik beinhaltet.

Becoming Lucy, Kurzfilm, Produktion, 2013

Take the Dive, Fernsehserie, 13 Folgen, Produktion, 2018-2019.

Maria and the Mennos, Fernsehserie, 13 Folgen, Produktion, 2018-2019.

Nachdem sie bei ihren mennonitischen Schwiegereltern eingezogen ist, versucht eine junge philippinisch-kanadische Frau, ihre eigene Identität zu bewahren.

Ausbildung

Bachelor of Arts / Master of Fine Arts in Producing von der New York Film Academy an den Universal Studios, Kalifornien.

Teilnahme an einem Mentoring-Programm, wodurch er an Dokumentationen mehrerer Filmfirmen mitgearbeitet hat.

In New York und Los Angeles mit Branchenprofis zusammengearbeitet: Robert De Niros Tribeca Film, Platinum Studios [Cowboys & Aliens] und Film Independent [Spirit Awards, LA Film Festival].

Alle Infos über Orlando in der Filmdatenbank IMDb: www.imdb.com

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