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Der Mennonitische Gemeindetag ist vorbei. Gut 400 Frauen, Männer und Kinder waren für das lange Wochenende nach Neuwied gekommen und füllten den Gemeindesaal der Mennoniten-Brüdergemeinde in der Ringstraße.

Nicht nur der zauberhafte Abend mit den Clowns und Zauberkünstlern Benji und Luca (Duo Benji & Luca | Clown & Zauberer Benji Wiebe – Bezauberhaft.de) zeigte, dass auch Unterhaltung eine wichtige Rolle spielte. Phantastisch wie Vater und Sohn Benji und Luca ihre Show immer wieder mit biblischen Motiven und Aussagen garnierten, ohne dass das Entertainment dabei seinen Reiz verlor. Benji Wiebe kennen viele auch als Chefredakteur der mennonitischen Zeitschrift „Die Brücke“ und als Gestalter vieler anderer Zeitschriften. Außerdem gab es ja noch den schönen Konzertabend mit den Lichtiis, um noch ein Beispiel guter Unterhaltung zu nennen.

  • "Das ist Spitze!" sangen die Besucher begeistert bei der Eröffnung des Gemeindetages. ©Horst Martens

Aber gehen wir an den Anfang dieses Gemeindetages zurück, an den Freitag. Leider konnten wir von Herne aus erst um halb vier die Reise antreten. Weil es mit dem Feiertag am 1. Mai ein langes Wochenende war, hatten sehr viele die Idee, an diesen Tagen in einen Kurzurlaub zu starten. Lange Staus waren die Folge, so dass wir erst mit Verspätung in Neuwied ankamen und leider den in Aussicht gestellten „Asado“ (Rinderbraten nach südamerikanischer Art) nicht goutieren konnten.

Motto: „Am Brunnen des Lebendigen“

Dafür konnten wir dann doch wieder entspannt den Eröffnungsabend genießen, wo ein Team aus der Mennonitengemeinde Neuwied das Motto des Gemeindetags „Am Brunnen des Lebendigen“ in Form von Text-Darbietungen und auditiver Untermalung umgesetzt wurde – begleitet von der Gemeindetags-Band.

Die Ankündigung, dass es nicht üblich ist, in dem Gebäude und Areal der Mennoniten Brüdergemeinde Alkohol zu sich zu nehmen, wurde vom Publikum stillschweigend entgegen genommen. Aber ein befreiendes Lachen machte sich breit, als danach eine Hinweisseite mit der Überschrift „Bar im Hotel Imota“ projiziert wurde. Auch wir übernachteten in dem Hotel – und weil es ganz in der Nähe zum Veranstaltungsraum liegt, auch gefühlt 100 andere Gemeindetagbesucher. Und wir hielten uns gern in der Bar auf.

Persönliches Dauerthema

Am folgenden Tag besetzten wir den Stand des Tweeback-Verlags – zusammen mit Verlagsleiter und Freund Heinrich Siemens. Ich entrollte mein nagelneues Roll-up, mit dem ich Werbung für meinen News-Blog „menno-welt.net“ machte und hoffte auf neugierige Nachfragen. Hier kamen wir in Kontakt mit vielen Interessierten an der Literatur des Tweeback-Verlags oder der Menno-Welt. Aber wieder wurde ich auf mein Dauerthema gestoßen: Das sich gegenseitige Ignorieren von plautdietschen und deutschen Mennoniten. Eine interessierte Mennonitin bekannte an unserem Stand, dass sie noch nie von unseren Plautdietsch sprechenden Geschwistern gehört hatte.

Es hieß bei einigen Gesprächen, sie seien sich näher gekommen, die Russlanddeutschen und die AMD-ler. Zum Beispiel, indem die die Mennoniten-Brüdergemeinde (MBG) ihr Gemeindezentrum für den Gemeindetag zur Verfügung stellte. Walter Jakobeit von der MBG Neuwied bestätigte gegenüber der „Brücke“ dieses Argument: „Die Hoffnung ist, dass durch diesen Gemeindetag die Begegnung zwischen unseren Gemeindebünden verstärkt wird, und Neuwied erlebt, dass die mennonitische Welt größer ist als das, was man … so wahrnimmt.“

Zwischen Marktkirche und Gemeindezentrum

Dann kam der Sonntag mit dem ökumenischen Gottesdienst in der Neuwieder Marktkirche, die zum großen Teil gefüllt war. Die Darbietenden waren nach ökumenischen Gesichtsunkten besetzt: Verena Hammes (AcK, katholisch), Walter Jakubeit (MBG), Astrid von Schlachta (AMG), Andrea Strübind (BEFG, Baptistin). Währenddessen trafen sich die Neuwieder Brüdergemeindler in dem nun freigesetzten Gemeindezentrum zu zwei Gottesdiensten. Wollten sie nicht an der Ökumene teilnehmen? Wie man’s nimmt: In Neuwied gibt es insgesamt zehn mennonitische Gemeinden. Wenn am Sonntag 3.000 Mennoniten zum Gottesdienst gehen, passen sie eh nicht alle in die Marktkirche. Das zumindest wurde von einigen Gottesdienstbesuchern so behauptet.

Eines der Highlights des Mennonitischen Gemeindetages war sicherlich die Ausstellung „Leben in Grenzen – Die Mennoniten in der SBZ und der DDR von 1945 bis 19902“. Es ist ein Projekt von Bernhard Thiessen, dem ehemaligen Mennonitenpastor in Hamburg und Berlin. Erstaunlich, wie umfangreich Thiessen recherchiert, gesammelt und ausgewertet hat!

Ringen um den Friedensbegriff

Das Kernthema behandelt die AMG (Arbeitsgemeinschaft mennonitischer Gemeinden) exzellent: „Historische Friedenskirche“ zu sein, ist ein Alleinstellungsmerkmal. Diese Charakteristik wird von anderen Verbänden bisweilen vernachlässigt. Und radikal für den Frieden einzustehen, ist eine urchristliche Aufgabe. Entsprechend fokussiert und relevant angesichts des Ukraine-Krieges waren während des Gemeindetages die friedenstheologischen Angebote vom Workshop bis zur Podiumsdiskussion. Wie sehr darüber gerungen wird, zeigten schon die diversen Gedankenkonstrukte darüber in der „Brücke“: Da ist von verantwortungsbewussten Pazifismus und von Rechtspazifismus die Rede, von stabilen Frieden und negativen Frieden. Alfred Wiebe meint: „Es wäre besser gewesen, wenn Annalena Baerbock nach Moskau gereist wäre als nach Kiew. Dann hätte sie mit Putin verhandeln und ihn zum Opernball nach Dresden einladen können.“ Benjamin Isaak-Krauß fragt sich und seine Leser: „Werden wir Wege finden, für kreative gewaltfreie Strategien zu evangelisieren oder wieder zu den Stillen im Lande werden?“

Kehren wir noch mal zu den mennonitischen Kernthemen zurück. Die wurden auch noch mal bei ökumenischen Gottesdienst herausgearbeitet – und zwar mit den Stimmen von zwei historischen Personen, dem Täuferführer Jakob Hutter und der Bürgerrechtlerin Ella Jo Baker. Dabei kamen zahlreiche Prinzipien zur Sprache, für die es sich auch heute noch zu kämpfen lohnt. Einen Begriff, der auftauchte und sich nach vorne schob, habe ich selten in Zusammenhang mit Mennoniten gehört, obwohl er passt: Nonkonformismus – die philosophische und religiöse Position, die nicht in Übereinstimmung mit dem herrschenden Mainstream steht. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Na, vielleicht noch: Zum nächsten Mennonitischen Gemeindetag lädt Ingolstadt ein.

Horst Martens

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