Von Hermann Schirmacher – Über ein Hilfsprojekt in Ekuador
Urwaldmissionar Hermann Schirmacher und sein Team versorgten ein Urwalddorf in Ekuadar mit einer Wasserleitung. Die Achuar, so heißen die Bewohner, feierten mit Chicha.
Und jetzt der Artikel von Hermann Schirmacher:
„Unsere Vorfahren würden sich sicherlich wundern, wenn wir ihnen von heute erzählen könnten, wie sehr sich unser Dorf in den letzten 50 bis 70 Jahren verändert hat“, sagt Jorge, der Schulleiter von Iwia, einem Achuar-Dorf im Amazonas-Regenwald am Fuße der Anden in Ekuador. „Heute haben wir sauberes Wasser zum Trinken in unseren Häusern und wir schicken unsere Kinder zur Schule. Dafür sind wir sehr dankbar.“
Dankbar für sauberes Wasser
Sie sagen auch: „Wir danken den Missionaren und Reach Beyond (früher bekannt als HCJB) für ihren selbstlosen Dienst und ihre harte Arbeit, die sie hier mit uns geleistet haben, damit wir heute sauberes Wasser haben.“
Indianer kennen ihre Geschichte nicht
Aber die Vorfahren und die Vergangenheit dieser Gruppe spielen für die Achuar keine große Rolle. „Kaum ein Achuar kennt die Namen ihrer Urgroßeltern. Wenn überhaupt jemand etwas über die letzten vier Generationen weiß, dann geht dieses Wissen normalerweise im Durcheinander und im Vergessen verloren. Außer die Bäche, die oft ihr Bett wechseln, kennt kaum einer den Namen einer Stelle“, schreibt der Ethnologe Philippe Descola in seinem Buch, nachdem er 1976 bei den Achuar gelebt hat.
Schrumpfkopf als Trophäe
Die Achuar sind eine bekannte Gruppe von Jivaro-Indianern. Es gibt einige andere, wie die Shuar, Aguaruna und die Huambisa auf der anderen Seite der Grenze zu Peru. Sie sprechen eine Sprache, die eine große Ähnlichkeit mit dieser Gruppe hat. Ihre Vorfahren hatten noch die schlimme Angewohnheit, den Kopf ihres Feindes zu einem Schrumpfkopf zu machen und als Trophäe zu halten.
Zu dieser Zeit lebten sie als Feinde und konnten nicht zusammen in einem Dorf wohnen. Durch die Arbeit der Missionare ist es heute möglich, dass solche Racheakte nicht mehr praktiziert werden. Jetzt leben sie in größeren Gruppen und ihre Kinder gehen zur Schule. Hier in Iwia leben 22 Familien mit insgesamt 80 Kindern.
Wasserprojekt aus der Quelle in den Bergen
Das Wasserprojekt wurde mit großer Dankbarkeit und durch viel harte Arbeit über fünf Jahre hinweg ermöglicht. Dabei wird Wasser aus einer Quelle in den Bergen über eine Hängebrücke durch Rohre über einen Bach bis ins Dorf gebracht. Zunächst wurde versucht, die Rohre entlang des Baches zu verlegen, was jedoch nicht gut funktionierte. Nun, mit der Hängebrücke, funktioniert es viel besser. Das Beste daran ist, dass keine Pumpe oder Strom benötigt wird, alles funktioniert nur durch Schwerkraft. Während der Bauzeit gab es am Brunnen Andachten und Videos auf Spanisch, bei denen die frohe Botschaft Gottes verkündet wurde. Besonders beliebt waren die Filme über das Leben Jesu, und einige sind Christen geworden.
Das Dorf tanzte, als das Wasser floss
Unsere Organisation arbeitet seit 85 Jahren in dieser Region. Wo immer wir hinkommen, kennt man uns, und wir werden freundlich begrüßt. Als die Wasserleitung fertig war, kam das ganze Dorf zusammen, tanzte und feierte. Dabei wurde viel Chicha getrunken.
Chicha – Ein alkoholisches Getränk
Chicha ist ein alkoholisches Getränk, das sie selbst aus Maniokwurzeln, Yucca und der Kasava-Pflanze herstellen. Das weiße und saure Gemisch gewinnt seinen Alkohol durch Kauen und Gären: Mehrere Frauen stehen um einen Topf, kauen die Wurzeln und mischen das Gemisch mit ihrem Speichel. Dann spucken sie das Gekaute in einen Topf und erzählen dabei Geschichten über das ganze Dorf. Durch den Speichel wird das Ganze fermentiert und gewinnt Alkohol. Am Ende schmeckt es wie Malz oder Joghurt. Meine Frau und ich kannten dieses Chicha bereits aus unserer Zeit in Peru, da es dort traditionell im Urwald gebraut wird. Wer davon zu viel trinkt, kann nicht mehr gerade gehen. Wenn der Magen Probleme macht, verbringt man ein paar Tage auf der Toilette. Als unsere Rohrleitung fertig war, wurde Chicha ohne Ende in einer Kalebasse verteilt.
Kakaopflanzung
Die Menschen in Iwia würden gerne auch an unserem neuen Projekt mit veredeltem Kakao teilnehmen. In den nächsten Monaten wollen wir in drei Nachbardörfern solche Pflanzen setzen, vielleicht auch hier in Iwia, wenn es möglich ist.
Das Dorf verändert sich
Iwia verändert sich ständig. Kürzlich wurde ein neues Haus im Urwald gebaut. Bis jetzt konnte man nur zu Fuß in die nächste Stadt gehen oder fliegen. Einige Minuten mit dem Luftschiff oder Flugzeug von Iwia entfernt liegen die Shuar-Dörfer Mashient und Kawa. Hier gibt es Solarpumpen, die vom Mennonitischen Hilfswerk finanziert wurden und problemlos arbeiten.
Gutes tun und von Jesus erzählen
Jesus hat seinen Jüngern gesagt, sie sollen Salz und Licht sein, Gutes tun und von ihm erzählen. Das tun wir hier in Peru und Ecuador nun schon seit 25 Jahren.
Hermann und Irene Schirmacher arbeiten seit 1993 als Missionare für Reach Beyond (HCJB, die Stimme der Anden). Seit 2001 werden sie von DMG Interpersonal aus Sinsheim und vom Deutschen Mennonitischen Missionskomitee unterstützt. Sie kommen aus der Mennonitengemeinde Bechterdissen in Leopoldshöhe.
„Meine Frau und ich kannten dieses Chicha bereits aus unserer Zeit in Peru“
Ja, ich kenne Chicha auch nur aus Peru, aber die hier beschriebene Art der Zubereitung ist ja schräg und ein wenig naja gewöhnungsbedürftig.
Ich kenne Chicha nur als „Chicha Morrada“, alkoholfrei und auch soweit ich weis „Spuckefrei“, indem man „maiz morrado“ (dunkler, dicker Mais) in riesigen Töpfen kocht und Gewürze dazu gibt und Zucker. Heraus kommt die vermutlich leckerste und erfrischenste Limonade die ich je getrunken habe.
Gott habe auf jeden Fall Urwaldmissionar Hermann Schirmacher selig und segne sein Werk, auf dass Mennoniten und hoffentlich christliche Indios gut miteinander auskommen und voneinander lernen