Zu einem spannenden Treffen kam es am Sonntag, 24. August, in Detmold. Zwei Mennonitenfamilien aus Kansas waren zu Besuch in Deutschland. Der Grund für dieses Aufeinandertreffen war das Interesse an Plautdietsch.
Haben Sie Interesse an unserem Newsletter? Hier abonnieren Sie ihn in wenigen Sekunden! Newsletter
Gut 40 Plautdietsche waren in die August-Hermann-Francke-Schule gekommen, um die Besucher aus den USA willkommen zu heißen. Die Gäste, das waren: Greta und Matthew Isaac mit Sohn Carter aus Ulysses in Kansas sowie Vila und William Gingerich aus Trenton, Missouri. Greta Isaac hatte vor einiger Zeit den Kontakt zur Hobby-Heimatforscherin Tatjana Klassner hergestellt, deren plautdietsche Texte sie im Internet gelesen hatte.
„Ich will mit den Nachbarn Plautdietsch sprechen“
Die Motivation für Gretas Interesse nach Plautdietsch beschrieb sie wenig später in der Ausgabe 42 von Plautdietsch FRIND so: „Meine Großeltern sprachen Plautdietsch, aber meine Eltern konnten diese Sprache nicht. Jetzt ist eine Gruppe von Mennoniten aus Mexiko zu uns gezogen, und die sprechen Plautdietsch. Die sprechen kein Englisch, und ich will mich doch so gern mit ihnen auf Plautdietsch unterhalten.“
Zwischenstopp in Plaut-Dietschlaunt
Auf diese Weise wurden die Kontakte nach Deutschland angebahnt und später vertieft. Bei den Isaacs entstand der Wunsch, Deutschland und die Plautdietschen zu besuchen. Ihre Verwandte aus Missouri, Vila und William Gingerich, hatten vor, Rumänien zu besuchen, wo sie mehrere Jahre einen christlichen Dienst versahen. Nun boten sie den Isaacs an, mit ihnen zusammen einen Zwischenstopp in Deutschland einzulegen. Tatjana Klassner mobilisierte für das Treffen die „Sonnenbloomtjes“ (plautdietsche Autorinnengruppe) und die kamen zur Begrüßung und brachten typisches Vaspa-Essen mit.
Moderator Heinrich Siemens von den Plautdietsch-Freunden und Dolmetscher Daniel Derksen befragten die Gäste zu ihrem mennonitischen Hintergrund, zu ihrem Zuhause und zu ihrem Reiseziel. Ihre Kirche ist die „Church of God in Christ, Mennonite“, deren Mitglieder auch „Holdeman-Mennoniten“ genannt werden. Ihre Gründung begann 1859 unter ihrem ersten Leiter, einem selbsternannten Propheten namens John Holdeman (1832-1900), der ein getaufter Mennonit war. Viele von den Mennoniten, die 1874 Russland verließen, ließen sich in Kansas und Manitoba in dieser Kirche aufnehmen. Sie kamen nach Auskunft der Besucher „aus der Molosch und aus Wolhynien“.
Die Holdeman-Mennoniten
Die Frauen tragen ein Häubchen, die Männer einen Bart, aber ansonsten ist die Kleidung nicht weiter auffällig. Fernsehen nutzen sie nicht, wohl aber Computer. Die Church of God hat sogar eine eigene Homepage. Auch Autos werden nicht abgelehnt. William Gingerich, ein ehemaliger Amischer, ist sogar Auto-Mechaniker. Seine Frau ist Lehrerin und Autorin. Ihre Werke, vorwiegend Kinderbücher, werden bei Amazon angeboten. Die Isaacs haben einen landwirtschaftlichen Betrieb, den Greta im „Plautdietsch FRIND“ so beschrieb: „Ich lebe auf unserer Farm, wir ernten Mais, Weizen, Milo (Getreidesorte), halten etwa 400 Schafe, haben einen Garten sowie Hühner und Enten einfach, weil es Spaß macht.“ Aber auch Greta hat Kurzgeschichten veröffentlicht, einige davon hatte sie mitgebracht. Außerdem unterrichtet Greta Musik. Ihr Mann Matthew ist nicht nur Landwirt, er bietet auch diverse Dienstleistungen an. Sie leben nicht in einem mennonitischen Dorf, ihre Häuser sind weiter voneinander entfernt.
Plautdietsche Vesper
Über die Holdeman-Mennoniten gäbe es noch viel zu sagen. Sie halten sich aus der Politik heraus und gehen auch nicht wählen. Auf Englisch gibt es einen langen Bericht über die Church of God in Wikipedia. Aber zurück zur Veranstaltung. Einen ausführlichen Abriss über die mennonitische Geschichte brachte Maria Ens. Nach einem ausgiebigen „Vaspa“ mit Wassermelone, „Schnettje„, Frikadellchen, „Plautz“ und vielen anderen Leckereien, gratis gebraten und gebacken von den „Sonnebloomtjes“ wie Lisa Zacharias, Margarita Hamm, Mariechen Ens, Tina Peters und anderen. Danach ließen die Gäste die mennonitisch-russlanddeutsche Geschichte anhand von Ausstellungsstücken im Russlanddeutschen Museum für Kulturgeschichte Revue passieren, das nebenan liegt. Zum Abschluss des Tages gaben die „Sonnebloomtjes“ einen Eindruck von ihren kreativen Tätigkeiten.
Zwischen Gottesdienst und Museum
Die Isaacs und Gingerich blieben noch ein paar Tage, besuchten auch einige „Sonnebloomtjes“, gingen zum Gottesdienst mit Mariechen Ens, die später mittags „grünen Borscht“ servierte. Tina Peters zeigte ihnen den Museumshof Rahden und wartete ebenfalls mit einem „plautdietschen“ Mittagessen auf.
Eine tolle Gelegenheit, eine andere Spielart des plautdietschen Mennonitentums kennenzulernen, organisiert und in ehrenamtlicher Arbeit durchgeführt von Tatjana Klassner und den „Sonnebloomtjes“.
Horst Martens
Was hältst du von diesem Beitrag? Sag deine Meinung? Scroll nach unten, dort hast du ein Feld, um einen Kommentar zu schreiben!