Bei den Mennoniten in Paraguay wächst die Sorge, dass durch die Hintertür der vom Land geplanten „Bildungstransformation“ die Genderideologie eingeführt wird. Auch ein großer Teil der Bevölkerung Paraguays teilt diese Sorgen. Jetzt soll sogar das Förderprogramm der Europäischen Union (EU) in Höhe von 35 Millionen Euro gekündigt werden. Das fordern viele Bürger, Politiker und nicht zuletzt die katholische Kirche.
Die EU versuche, Paraguay mit Hilfe des Bildungsabkommens „ihre gescheiterte Bildungspolitik aufzuzwingen“, sagte Asuncións Erzbischof der Tageszeitung „abc color“. Das Ziel der europäischen Bildungspolitik sei es, die Weltbevölkerung zu reduzieren, so der Katholik. Die Genderideologie, die Abtreibung, die Geschlechterkonstruktion – all dass diene diesem Ziel.
Kinder entscheiden selbst über ihre Identität
Ähnlich sehen auch viele Mennoniten die „Transformación Educativa“. Sie sind besorgt um die Zukunft der Kinder und um das Schulsystem. Engagiert in dieser Frage sind der Arzt Gerd Uwe Huebert und seine Frau Virginia Huebert (Studentin Öffentliche Buchhaltung, Schulmitarbeit), beide mennonitischen Glaubens. Ihre Auffassungen präsentierten sie in einem Gespräch auf Plautdietsch im Chaco-Fernsehen RCC. Hinter der Gender-Ideologie, die Teil der geplanten Bildungs-Transformation ist, stecke die Absicht, Kindern die Möglichkeit zu geben, über ihr Geschlecht selbst und nach Gefühl zu entscheiden. „Das LGBTQ-Konzept führt mittlerweile 112 Identitäten auf“, so Huebert. „Die Gender-Ideologie, die keine Wissenschaft ist, nimmt diese Ideen der LGBTQ auf und verbreitet sie – die Globalisierung macht es möglich – auf der ganzen Welt. Alle sollen gleich denken.“ Danach sei „Gender das, was mein Gefühl mir sagt“. Das Recht der Mediziner und der Eltern, sofort nach der Geburt über das Geschlecht zu entscheiden, gehe damit verloren. In der Bibel sei aber nur von Mann und Frau die Rede. „Wenn ich mich als Gottes Geschöpf sehe, bin ich nicht heute ein Mann und morgen eine Frau.“
Wer will die Gender-Ideologie, die von den Vereinten Nationen, Regierungsbürokratie und Aktivisten eingefordert wird? Dazu Virginia Huebert: „Wir haben es bei der Fußball-WM gesehen: Es dreht sich alles um die bunten Fahnen (Anm. d. Red.: Symbol der LGBTG+). Es sind nur wenig Menschen, die Radau machen. Weil die Mehrheit schweigt und zuschaut, können die wenigen ihre Gesetze durchdrücken.“
Die Transformación Educativa, über die man in Paraguay schon lange diskutiert, habe die Gender-Ideologie im Fokus. Schon allein die Vorsilbe „Trans“ sage alles: „Warum ist es ‚Trans‘ und nicht eine Reform?“ fragt sich Virginia Hübert. Eine Reform sei in Paraguay dringend nötig. „Wir sind für eine Reform.“ Virginia weiter: „Unsere Besorgnis ist, dass Kinder ganz alleine entscheiden dürfen“.
Werden da Verhütungsmittel verteilt?
Grundlage dieser verqueren Ideologie, die auf der ganzen Welt propagiert wird, und sich mit der Agenda 2030 verquickt, sei eine Wohlstandsgesellschaft, in der die Eltern beide arbeiten gehen und die Kinder früh in den Kindergarten kommen. Schon jetzt sei das Kindergartenpersonal entsprechend instruiert, wie mit Mädchen und Jungen umgehen sollen, die sich ein anderes Geschlecht wünschen. Virginia Huebert nennt zudem die „Consultorios amigables“, Beratungsstellen zu sexuellen Fragen, von denen es in Paraguay schon 13 gebe. Virginia Huebert: „Dort können sich Kinder und Jugendliche ab 10 Jahren beraten lassen. Ich frage mich: Werden da dann Verhütungsmittel verteilt oder Abtreibungen geplant? Da haben wir als Eltern keinen Einfluss.“ Gerd Uwe Huebert verweist auf die wichtige Rolle des Elternhauses: „Unsere Kinder müssen es von zu Hause aus wissen: Gott hat meine Identität festgelegt.“ Virginia fügt hinzu: „Wir müssen uns die Zeit nehmen und mit unseren Kindern darüber reden.“ Paraguayische Mennoniten sorgen sich auch um das, was nach der Umsetzung der Transformation kommen könnte. Virginia Huebert: „Wir befürchten, dass im nächsten Schritt Abtreibungen legalisiert werden sollen.“
Erster Erfolg durch Widerstand
Virginia Huebert hat sich einer Elternbewegung angeschlossen, die Protestmärsche organisiert, damit die Genderideologie nicht ins Bildungssystem eindringt. In den mennonitischen Chaco-Kolonien wurden Foren angeboten und Unterschriften gesammelt. Der Widerstand der Eltern hat einiges bewirkt. Seit Mitte 2022 haben sie einen Vertreter in dem strategischen Komitee, das unter Leitung des Bildungsministers die Grundlage für einen Gesetzentwurf formuliert. Die Überarbeitung des Gesetzesplanes ist sogar bis 2023 verlängert worden. Das Bildungsministerium verbietet seit Kurzem, in staatlichen Schulen die Verbreitung und Nutzung von Gender-Material. Deshalb sieht das Ehepaar Huebert mit Optimismus in die Zukunft.
Brüdergemeinde zurückhaltend
Die Mennoniten-Brüdergemeinde nimmt auch zur Bildungstransformation Stellung, aber der Begriff „Gender“ kommt in ihrem Text nicht vor. Sie unterstützt alle Maßnahmen, „die zur Verbesserung des paraguayischen Bildungswesens beitragen.“ Im Gegenzug sei sie gezwungen, „aktiven Widerstand zu leisten, wenn unser Glaube an Jesus Christus und unser Vertrauen auf die biblischen Wahrheiten in Gefahr stehen.“
Horst Martens