Es hört einfach nicht auf, widerspricht den humanitären und christlichen Grundsätzen und schädigt das Image der Mennoniten weltweit. Schon wieder berichten bolivianische Medien übereinstimmend von der Vergewaltigung mennonitischer Frauen durch mennonitische Männer. Dieses Mal steht die Kolonie El Dorado im Fokus, die 110 Kilometer südlich von Santa Cruz de la Sierra entfernt liegt.
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Der „wiederkehrende Alptraum“
„Es gibt einen wiederkehrenden Alptraum in dieser protestantischen Gesellschaft“ schreibt zum Beispiel das Medienportal Ahora el Pueblo. Gemeint sind die sexuellen Übergriffe auf Dutzende von Frauen. „Ahora El Pueblo“ schreibt weiter: „Die Frauen von El Dorado leben unter ständiger Bedrohung durch sexuelle Übergriffe, paradoxerweise durch ihre eigenen Nachbarn, Männer, die sich als zutiefst religiös und gottesfürchtig präsentieren.“ Als erstes berichtete der TV-Sender Unitel darüber.
Mehrere Fälle sexueller Gewalt
Das Vorgehen der Männer erinnert an die Vorfälle in der Kolonie Manitoba (2005-2009) und Las Piedras und Belize (2022-2023). Die Täter nutzen die Dunkelheit der Nacht, betrinken sich, wählen ein Haus, sprühen eine betäubende Chemikalie durch die Fenster und betreten dann die Gebäude, um die Opfer zu missbrauchen. Der Film „Die Aussprache“ thematisierte die Vorfälle in der Kolonie Manitoba und wurde 2023 mit einem Oscar dekoriert.
Ehemann baut aus Angst sicheres Haus
Im April 2024 wurde die Staatsanwaltschaft in einem anonymen Brief an die Ombudsstelle der Gemeinde Cabezas auf die Fälle in El Dorado aufmerksam. Sie leitete eine Untersuchung ein, die zur Festnahme von zwei mutmaßlichen Täter führte. Drei Frauen hatten das Schweigen gebrochen und berichteten den Behörden, dass sie Opfer einer Vergewaltigung geworden seien. Eines der Opfer sagte Unitel, dass das Leben zu einem Albtraum geworden sei, weil sie in der ständigen Angst lebte, dass alles wieder passieren wird. „Aus Angst bat ich meinen Ehepartner, ein sicheres Haus zu bauen. Ich bin traurig“, sagte sie.
Was kann die Einstellung ändern?
Was kann zur Einstellungsänderung führen? Gemeindearbeit? Evangelisationen? Predigten im Radio?
ich verstehe nicht ganz warum das passiert. Ich meine man kann doch einfach normal heiraten und dann ganz legal und gottgewollt eine Frau erkennen.
Wird es in den Kolonien unnötig schwer gemacht zu heiraten?!
Alkohol, Einbruch und nicht einvernehmliche Intimität ist doch komplett gegen die heilige Schrift, das müssten doch Mennoniten dort kennen, oder hat der Pastor die Herde nicht unter Kontrolle?!
Oder sind diese Vorwürfe fake und nur zur Diskreditierung von Gottes Volk gedacht?
Vielen Dank für den Artikel. Ich schätze ihre Intention dahinter, zu informieren, solche Fälle zu verhindern und über mögliche Maßnahmen mit denen es erreicht werden kann zu diskutieren. Ein Gedanken wollte ich aber gerne noch einwerfen:
Laut LE MONDE diplomatique lebten 2023 150.000 Mennoniten in Bolivien. Nehmen wir die Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 (www.bmi.bund.de) und verrechnen die Einwohnerzahl Deutschlands 2023 mit den Fällen, ergibt sich, dass in Deutschland eine Personengruppe dieser Größe im Schnitt 21,58 Fälle von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellem Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge gemäß §§ 177, 178 StGB ausgeübt hätte. Und das mit den jährlichen Schwankungen, jedes Jahr! Trotz aller Kampagnen, Anlaufstellen, Frauenbeauftragten, Institutionen und Präventionsarbeit die in Deutschland geleistet wird.
Worauf ich hinaus möchte: Jede solche Tat ist eine zu viel sowohl in Deutschland als auch in Bolivien. Das Problem ist jedoch, dass aufgrund des mangelnden Hintergrundwissens viele Menschen (gerade wenn es um Altkolonier geht) leider viel zu schnell pauschalisieren und denken: „Bei denen ist das normal“, o.ä. Dabei zeigen die Zahlen, dass ein Gruppe dieser Größe (von Durchschnittsdeutschen) rechnerisch auch nicht schuldlos wäre. „Das ist eine Einstellung in Deutschland“, würde wahrscheinlich trotzdem kein hier Lebender sagen, sondern es oft auf Migranten, katholische Pfarrer oder andere Gruppen schieben.
Meine persönliche Gespräche mit Altkoloniern haben mir gezeigt, dass ich den Altkoloniern gegenüber in mehreren Themen früher zu wenig differenziert habe.
Auch wenn sie durch Kleidung und Sitten sehr einheitlich erscheinen, sind es zu viele um von einigen auf alle zu schließen. Die Mehrheit der Mennoniten und auch explizit der Altkolonier, wird vermutlich nicht in diese Taten verstrickt sein. Trotzdem werden wohl viele der Stigmatisierung zum Opfer fallen, die auf solche Taten folgt. Totschweigen ist aber keine Lösung.
Die im Artikel genannten Punkte Gemeindearbeit, Evangelisationen, Predigten im Radio hätten, wenn dadurch Menschen ihr Leben mit Gott in Ordnung bringen, meiner Meinung nach Potential Besserung zu bewirken. Eine weitere Möglichkeit wäre, es ins Gebet zu nehmen. Komplett verhindern wird es solche Fälle vermutlich leider trotzdem nicht, denn Gott hat uns den freien Willen gelassen und in der Bibel sehen wir, dass es selbst unter den 12 Jüngern Jesu einen Judas gab.
Danke für den umfangreichen und fundierten Kommentar. Ich will mit meiner Homepage nur zeigen, in welcher Form die deutschsprachigen Mennoniten in den Medien vorkommen.
Die Stigmatisierung aller Altmennoniten ist eine Sache. Aus Paraguay weiß ich von einer mennonitischen Psychologin, die oft im Radio präsent war, dass die Dunkelziffer sexueller Übergriffe nicht zu überschätzen ist. Zu ihr sind einige Frauen gekommen, die ihr Schicksal beklagt haben. Sie werden häufig von ihren Vätern missbraucht. Ihre Bilanz: Je konservativer, desto häufiger sind solche Vorfälle.